Feierstunde am Adalbert-Stifter-Denkmal (21.10.2023)

Bei warmen Herbstwetter begrüßte stellvertr. Bundesvorsitzender Hans Slawik auf dem Böhmerwaldplatz in München alle Anwesenden, darunter als Vertreter der Stadt München Herrn Stadtrat Thomas Schmid von der CSU, Herrn Florian Ring vom Bezirksausschuss München-Bogenhausen und Frau Elisabeth Pangerl.

Herr Ring betonte in seinem Grußwort, dass dieser Platz in München durch unsere regelmäßige Veranstaltung ein sehr lebendiger Ort sei. Für die Karpatendeutschen begrüßte Slawik die Bundesvorsitzende Frau Brunhilde Reitmeier-Zwick sowie den Landesvorsitzenden vom Schlesierverein Dr. Gotthard Schneider und als stellvertretende Vorsitzende Frau Bärbel Simon, ebenfalls vom Schlesier Verein München. Weiter richtete er ein Grußwort unserer Bundesvorsitzenden Birgit Kern aus, die leider verhindert war. Aus der Riesengebirgs-Trachtengruppe begrüßte er Nicole und Roberto mit Fahne. Vertreter der Ortsgruppen Ingolstadt konnten begrüßt werden, sowie Schrobenhausen und München mit Fahne, ebenso der Vorsitzende des Fördervereins des Böhmerwaldmuseums Passau Franz Payer.

Das vom Böhmerwäldler Künstler und Bildhauer Leopold Hafner aus Wallern/Böhmerwald geschaffene Denkmal wurde vor 34 Jahren eingeweiht, und Slawik betonte zu Recht, dass dies aus eigener Kraft und eigenen Mitteln erfolgte, worauf man sehr stolz ist.
Die Böhmerwald Sing- und Volkstanzgruppe München unter der musikalischen Leitung von Vincent Meyer umrahmte die Feierstunde mit Liedern.

Unsere Landeskulturreferentin Gabi Strobl aus Ingolstadt, die ebenfalls herzlich begrüßt wurde, hat sich wieder sehr viel Mühe gemacht und stellte nach der Einführung über Stifter, dem wie jedes Jahr der Beginn der Feierstunde gewidmet war, den böhmischen Dichter Prof. Dr. Gustav Jungbauer vor. Adalbert-Stifter, der am 23. Oktober 1805 in Oberplan geboren wurde, ist der bekannteste Schriftsteller aus dem Böhmerwald. Viele seiner literarischen Werke sind bekannt und oft schon in der Schule Pflichtlektüre. Aber er war auch Maler und Pädagoge. Gustav Jungbauer wurde am 17.07.1886 ebenfalls in Oberplan geboren. Seine Eltern besaßen dort eine Mühle, ein Sägewerk und eine Landwirtschaft. Er war das dritte von 4 Kindern und seine Mutter, eine gutherzige Frau konnte gut erzählen, war aufgeschlossen und vielseitig interessiert. Sie hatte den größten Einfluss auf seine Erziehung. Nach der Volksschule kam er nach Krummau aufs Gymnasium, lernte aber nur soviel, dass er gerade immer durchkam. Erst nachdem ihn sein Vater in den Ferien fleißig in Mühle und Landwirtschaft arbeiten ließ, wurde er zielstrebig und lernte. Der am selben Gymnasium lehrende Josef Johann Ammann konnte den jungen Gustav für Heimat-und Volkskunde begeistern. Später an der Uni Prag gehörte Jungbauer zu den Lieblingsschülern von Prof. Dr. Adolf Hauffen, der Vorlesungen in diesen Fächern hielt. Ebenso besuchte er Vorlesungen von Prof. Dr. Sauer über die Geschichte des deutschen Schrifttums. Schon mit 18 Jahren verfasste Jungbauer heimatliche Aufsätze, ging später von Erzählungen zu streng wissenschaftlichen Darstellungen über. Es entstanden u. a. Böhmerwaldmärchen und Sagen, Deutsche Märchen und sein Buch Deutsche Schnurren und Schwänke. Im Jahr 1908 erlangte er mit seinem Buch „Volksdichtung aus dem Böhmerwald“, das er als Doktorarbeit vorlegte die Doktorwürde. Er legte die Lehramtsprüfung in Deutsch, Latein und Griechisch ab, wurde Referendar und Studienrat an mehreren höheren Schulen. Im August 1914 heiratete er Margarete Harnböck aus Wien, musste aber einige Tage später als Soldat bereits in den 1. Weltkrieg nach Galizien. Jungbauer wurde in den Karpaten gefangen genommen und kam in ein Lager nach Turkestan. Auch hier schrieb er eifrig, u.a. das Buch „Kriegsgefangen“ und „Märchen aus Turkestan und Tibet“. Ihm gelang die Flucht zurück nach Böhmen und dort erhielt er den Auftrag vom Tschechischen Roten Kreuz Kriegsgefangene zurückzuführen. Adolf Webinger schreibt: „Was er hier geleistet hat, ist ein Ehrenblatt ich Buche seines Lebens.“ Doch seine Ehe zerbrach durch die lange Trennung. Er kehrte in den Schuldienst zurück und heiratete 1922 ein zweites Mal. Eine Nichte berichtete über den Umgang Jungbauers mit seinen Schülern, dass es kameradschaftlich war und es ist schade, dass beide Ehen kinderlos blieben. 1922 legte Jungbauer an der Uni Prag eine Abhandlung über die Rübezahlsage vor und habilitierte sich als Privatdozent für Deutsche Volkskunde. 1928 wurde er vom Gymnasialdienst befreit, und verließ nach seiner Ernennung zum ordentlichen Professor 1930 endgültig das Gymnasium. Er war sehr beliebt und seine Vorlesungen gehörten zu den best besuchten an der Prager Uni. Hier durfte er ein eigenes

Seminar mit angeschlossener Bücherei errichten. Die größte Leistung war jedoch die Errichtung des Böhmerwaldmuseums 1923 in Oberplan zusammen mit Hans Schreiber, den er auf einer Eisenbahnfahrt von Passau nach Haidmühle kennen lernte. Obwohl Schreiber schon lange ein „Heimathaus“ in Wallern geplant hatte, konnte ihn Jungbauer überzeugen, dieses Museum in Oberplan, dem Geburtsort Stifters zu errichten. Jungbauer war bis zu seinem Tod Obmann des Museumsvereins. Am 23.10.1942 starb Prof. Dr. Jungbauer in Prag. Er wollte jedoch in seinem geliebten Oberplan im Grab seiner Mutter beigesetzt werden. Auf seinem Grab sollte stehen „Der Tod ist das Tor zum Leben.“ Seine Angehörigen erfüllten ihm seinen letzten Wunsch.

Der Vortrag von Gabi Strobl endete wieder mit Stifter. Sie schloss mit seinen Worten: „Jeder Mensch hat einen Punkt der Sehnsucht in seinem Leben, nachdem es ihn hinzieht und den er erreichen muss, wenn er ruhig sein will.“ Lackenhäuser war der Punkt der Sehnsucht im Leben Stifters, nach dem es ihn immer hinzog. Und den er erreichen musste, wenn er ruhig sein wollte.
Gemeinsam mit allen Gästen wurde zum Ende der Feierstunde, für die sich Herr Slawik bei Allen herzlich bedankte, das Böhmerwaldlied gesungen.

R. Ruchty