Klassiker-Kabarett am Klavier: Auftritt von Musikkabarettist André Hartmann
Sudetendeutsche Zeitung, KULTUR (Folge 26, 26.06.2015)
Zum interaktiven Musikkabarett mit André Hartmann lud der Deutsche Böhmerwaldbund – Ortsgruppe München. Der Pianist, Kabarettist und Sänger gestaltete den „heiteren musikalischen Nachmittag“ im Sudetendeutschen Haus.
Der renommierte Kabarettist und Pianist André Hartmann begeisterte die Zuhörer im vollbesetzten Stifter-Saal. Der SL-Förderpreisträger von 2006 führte alle auf eine interaktive musikalische Entdeckungsreise und durch ein Potpourri von Musik und Parodie: Bei einer Art „Wunschkonzert“ spielte, sang und verfremdete Hartmann klassische Stücke, beliebte Schlager und immerwährende Hits, die sich das Publikum wünschen durfte.
Nach Beethovens „Mondscheinsonate“ zum Einspielen stimmte Hartmann mit den Gästen das „Wulda-Lied“, eine Art „Hymne“ der Böhmerwäldler an, bei dem alle gleich mitsangen. Fortan widmete sich Hartmann zunächst der Klassik, wobei er die „Wulda“ in verschiedenen Variationen immer wieder als Melodie „durchsickern“ ließ. Das galt etwa Frédéric Chopin, von dem das „Wulda-Lied“ eigentlich stammte, wie Hartmann zeigte. „Ach, nein, hab‘ mich geirrt“, berichtigte er, und spielte es am Flügel erst als Beethoven-Fuge, dann als Mozart-Stückerl und schließlich als Walzer von Johann Strauß. Alles klang schlüssig und das Publikum jubelte. Nun ging es zum „Wunschkonzert“ mit Liederwünschen aus dem Saal.

Der Profi-Musiker transformierte die Wunsch-Lieder und übertrug sie oft in den Stil von großen Komponisten: So wurde auch aus „Hoch auf dem Gelben Wagen“ flugs eine Bachfuge, dann ein Mozartcouplet und ein klassisches Beethovenstück. Die Vertonung von Goethes „Heideröslein“ stammte natürlich ebenfalls aus Beethovens „Neunter“, auch wenn Scott Joplin sie auch im Ragtime-Stil vertont hatte. Vielsprachig sang Hartmann das „Röslein“ dazu auf Französisch, wobei man deutlich die markanten Textbausteine „Peugeot Citroen Camembert heraushörte. Aber damit nicht genug: Auch als Rudi Carell lieferte er das gleiche Lied auf Holländisch, als Peter Maffay mit siebenbürgischem Zungen-R, als Peter Alexander mit Weana Schmäh, als Heino im Marschrhythmus und als Reinhard Mey atemlos-hechelnd, wobei er immer auch den Klangstil auf dem Klavier anpaßte. Nach einigen Takten röhrte dann Herbert Grönemeyer das Lied und krächzte Louis Armstrong den „Song of the Rose“ als eine Version von „Wonderful World“. Wer gerade nicht klatschte im Publikum, hielt sich den Bauch oder wischte sich die Lachtränen aus dem Gesicht.
Den Musikwunsch nach „La vie en rose“ setzte der Entertainer kurz als „eines der schönsten Lieder von Bach“ um, überzeugte dann aber doch alle, daß es ein Stück von Franz Liszt, ein „Nocturne“ von Chopin und ein „Rondo alla Turca“ von Mozart war. Jede Version kam so überzeugend herüber, das man es fast für korrekt hielt. Und dies ging auch mit Volksund Kinderliedern: „Mein Vater war ein Wandersmann“ und „Ein Männlein steht im Walde“ trug Hartmann als Hotelbarpianist vor, mit all den Schnörkeln und unnötigen Glissandi, die in Hotelfoyers so oft zu hören sind. Aber nicht nur Komponisten und Pianisten, sondern auch andere „Größen“ nahm der Kabarettist aufs Korn. Spontan präsentierte er sich fabulös in wechselnden Rollen und ahmte in Ton, Sprechweise und Attitüde Prominente nach: So erkannten die Gäste amüsiert die Stimmen von Inge Meysel bis Alexis Sorbas, von Udo Lindenberg bis Udo Jürgens.

Auch viele Politiker waren Zielschreibe des früheren Nockherberg- Darstellers: Wie beim jährlichen „Derbleckn“ im benachbarten Salvator-Keller, wo er jahrelang auftrat, lieferte Hartmann eine Reihe von Altkanzlern und bayerischen Ministerpräsidenten: Da knurrte Gerhard Schröder, polterte Franz Joseph Strauß, stotterte Edmund Stoiber und nuschelte Christian Ude. Dobrindt durfte als „Zeuge Seehofers“ nur hilflos stammeln. In der Rolle von Angela Merkel („dem Kanzler sei Frau“) freute er sich darüber, in die schönen „Oolpen“ zum G-7-Gipfel nach „Obama-Mau“ reisen zu dürfen, und nannte sich wegen des Bartes gleich mal „Conchita“ Merkel.
André Hartmann verabschiedete die Gäste mit den beiden letzten Musikwünschen, „Thank you for the Music“ von Abba und „Yesterday“ von den Beatles. „Aber weil wir uns ein bißchen verquatscht haben, mache ich aus beiden Stücken ein Lied!“ Und tatsächlich verschmolz er flugs beide Hits zu einem einzigen Hybridlied. Das Publikum bog sich vor Lachen, klatschte begeistert und sang zum Abschluß beim „Böhmerwaldlied“ mit. Bei dieser Hymne erhoben sich alle Zuhörer, darunter Mitglieder des Deutschen Böhmerwaldbundes von den Ortsgruppen München und Ingolstadt sowie Gäste aus der Seliger-Gemeinde München und aus den Reihen der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Diese Ehrung galt jedoch auch André Hartmann, der fast drei Stunden lang mit seinem interaktiven Konzertkabarett über 80 Zuhörer mitgerissen hatte.

Der Künstler hat in seiner Laufbahn auch schon viele Lorbeeren eingeheimst: Der SLFörderpreisträger wurde letztes Jahr mit dem Fränkischen Kabarettpreis ausgezeichnet. Hartmann begann schon mit fünf Jahren Klavier zu spielen, studierte an der Hochschule für Musik und Theater in München und trat bald auf. Die musikalische Vielseitigkeit des Pianisten wurde dabei auch immer durch schauspielerisches Talent bereichert, was ihn schließlich auch zum Kabarett führte: Als freier Künstler tritt er mit diversen Programmen auf, obwohl er auch als Musiklehrer an einem Gymnasium in München-Laim arbeitet. Außerdem gründete Hartmann 1998 die „Nepalhilfe Starnberg“, die dort in Nepal eine Volksschule und andere Projekte finanziert. Und so war er auch kurz vor dem Auftritt im Sudetendeutschen Haus mit seinem Programm „Radio- Aktiv“ auf einem Schiff am Starnberger See ohne eigenes Honorar zugunsten der „Nepalhilfe“ aufgetreten.
Informationen im Internet unter www.andrehartmann.de
Susanne Habel