Musikkabarett im Sudetendeutschen Haus: Konzert mit André Hartmann
Sudetendeutsche Zeitung, KULTUR (Folge 41, 14.10.2016)
Zum interaktiven Musikkabarett mit André Hartmann lud die Ortsgruppe München des Deutschen Böhmerwaldbundes ein. Der Pianist, Kabarettist und Sänger gestaltete den „heiteren musikalischen Nachmittag“ im Sudetendeutschen Haus.
Bunt sind schon die Wälder“ sang eingangs die große Gästeschar: Der renommierte Kabarettist und Musiker André Hartmann saß am Flügel und begleitete die Böhmerwäldler und andere Landsleute. Der SL-Förderpreisträger von 2005 führte alle auf eine interaktive musikalische Entdeckungsreise und durch ein Potpourri von Musik und Parodie. Bei einer Art „Wunschkonzert“ spielte, sang und verfremdete Hartmann klassische und volkstümliche Stücke, beliebte Schlager und immerwährende Hits, die sich das Publikum wünschen durfte.
Nach dem Herbstlied gab es den Hit einer Rußlanddeutschen: „Atemlos“ von Helene Fischer sang Hartmann erst in einem Pseudo-Russisch (mit viel „Moskovskaya, Putin kapuut“ im Text) und dann auf Französisch im Musette-Stil: der Sommer-Hit 2014 mal ganz anders.
Wie immer erfüllte Hartmann auch Musikwünsche aus dem Publikum: „Donna nobis pacem“ wurde von ihm allerdings wie von Udo Lindenberg gestöhnt, von Heino geschmettert, von Inge Meysel geräuspert und von Jürgen Tegtmeyer gestammelt. Den Wunsch nach „Die Gedanken sind frei“ erfüllten bei ihm Johannes Heesters, Rudolf Moshammer und Herbert Grönemeyer, jeder mit authentischer Stimme und passender Begleitung. Das Publikum jubelte.

Dann wurde der Choral auch noch mit Mozarts „Kleiner Nachtmusik“ verschmolzen, ein musikalischer Geniestreich. Damit nicht genug: Hartmann erklärte, Mozart habe seine „Nachtmusik“ von einem „Nocturne“ von Frédéric Chopin plagiiert (auch wenn letzterer später zur Welt gekommen sei). Dies bewies er wieder musikalisch.
Man wünschte sich „Kein schöner Land“ und sang es so schön mehrstimmig, daß selbst der Musikpädagoge Hartmann staunte. „Da muß ein Böhmerwäldler Chor im Publikum sitzen“, lobte er die Gäste, unter ihnen auch sein fotografierender Vater. Die Vertonung von Goethes „Heideröslein“, einem anderen Wunschlied, stamme übrigens von Tschaikowsky, so Hartmann mit Musik als Beweis. Dann sang es aber Rudi Carell, der die Heiderose gleich zum Herzblatt (wie in der Carellschen Dating-Blind-Date-Show) machte. Das romantische Lied hauchte auch noch Roy Black.
Als Opern-Wunsch kam Papagenos „Vogelfänger-Arie“ dran. Die klimperte Hartmann verschnörkelt wie in einer Hotelbar und ließ sie glissandoreich gleiten wie in einem Werk von Franz Liszt. Jede Version kam so überzeugend herüber, das man es fast für korrekt hielt. Um Zeit zu sparen, spielte Hartmann zwei Wünsche augenzwinkernd schnell als ein Stück: „Moon River“ und „An der schönen blauen Donau“ flossen so gemächlich ineinander über.
Aber nicht nur Komponisten und Pianisten, sondern auch andere „Größen“ nahm der Kabarettist aufs Korn. Spontan präsentierte er sich fabulös in wechselnden Rollen und ahmte in Ton, Sprechweise und Attitüde Prominente nach wie Fußballstar Franz Beckenbauer und Trainer Joachim Löw.
Auch viele Politiker waren Zielschreibe des früheren „Nockherberg“-Darstellers: Wie beim jährlichen „Derbleckn“ im Paulaner, wo er jahrelang auftrat: So führte er die Gäste durch die Riege der bayerischen Ministerpräsidenten von Franz Josef Strauß über Edmund Stoiber und Günther Beckstein bis hin zu Horst Seehofer, dessen ständige gute Laune er schön karikierte. In der Rolle von Angela Merkel („dem Kanzler sei Frau“) ärgerte er sich über Seehofers letzte Kritiken. Und Christian Ude war wieder ein Höhepunkt mit einer inhaltslosen Nicht-Rede.
André Hartmann verabschiedete die Gäste mit den beiden letzten Musikwünschen nach den volkstümlichen Liedern „Kommt ein Vogel geflogen“ und „Das Wandern ist des Müllers Lust“. Beides wurde à la Chopin präsentiert und als Ragtime-Stück gehämmert. Das Publikum bog sich vor Lachen, klatschte begeistert und sang bei den Zugaben mit.

Der Erfolg ist kein Wunder, denn André Hartmann begann schon mit fünf Jahren Klavier zu spielen, studierte an der Hochschule für Musik und Theater in München und trat bald auf. Die musikalische Vielseitigkeit des Pianisten wurde dabei auch immer durch schauspielerisches Talent bereichert, was ihn schließlich zum Kabarett führte.
Als freier Künstler tritt er viel auf, obwohl er auch als Musiklehrer an einem Gymnasium arbeitet. In diesem Jahr moderierte er die Kulturpreisverleihung beim Sudetendeutschen Tag in Nürnberg. Zu sehen ist er aktuell auch als rikschafahrender „Stadtführer“ im kleinen Münchener Theater „Hofspielhaus“.
Weitere Informationen in Internet unter www.andrehartmann.de
Text/Bilder: Susanne Habel