Böhmerwäldler bei der Europeade (Juli 2017)



Am Mittwoch 26. Juli starteten wir gegen Mittag mit dem Flugzeug von München nach Helsinki. Unsere Vorfreude konnte durch ein paar Wassermelonenspritzer in der letzten Sitzreihe des Flugzeugs nicht getrübt werden. Während des Startvorgangs ist das Obst in der Gepäckaufbewahrung geplatzt und tropfte auf die Passagiere. Dank des freundlichen Stewards, der ruhig auf den aggressiven Besitzer des Obstes einsprach, konnte eine Katastrophe verhindert werden. In Helsinki empfing uns sonniges Wetter und ein Busfahrer, der uns nach Turku brachte. Gegen 10 Uhr abends erreichten wir unsere Unterkunft — eine Schule unweit des Zentrums von Turku. Um den Tag ausklingen zu lassen, saßen wir gemütlich zusammen.

Das Frühstück gab es in der Kantine der Schule. Dieses Jahr hatten wir eine recht große Auswahl zwischen Porridge, Toast, Marmelade, Butter, Wurst, Käse, Gemüse, Kaffee, Milch und Wasser. Frisch gestärkt machten wir einen Ausflug mit der S/S Ukkopekka. Die zweistündigen Fahrt durch die Schären nach Naantali verbrachten wir mit Singen, Dösen und Sonnen. Nach einem sehr kurzen Aufenthalt, der es nicht erlaubte das Schiff zu verlassen, ging es auf selbem Weg zurück. Zeit fürdas Lunchpaket — dieses Jahr nicht ganz so ergiebig. Neben einem täglich wechselndem Nudelsalat aus dem Plastikbecher befand sich in der Papiertüte stets ein Weißbrötchen in Herzform und eine Banane. Nachmittags fand die Generalprobe für unseren Hauptauftritt am selben Abend und unsere anstehenden Straßenauftritte statt. Da wir uns schon drei Mal zuvor in Ellwangen zu einer gemeinsamen Probe der Tänzer aus Baunach, Ellwangen, München und Stuttgart getroffen hatten, ging der Durchlauf schnell von statten. Nach dem gegenseitigen Haareflechten, Schultertuchbinden, und Schuheputzen wurden wir mit Shuttelbussen zur Gatorade-Arena, einem Eishockey-Stadion, gebracht. Dort fand die Eröffnungsveranstaltung der 54. Europeade statt. Jede Gruppe hat bei der Eröffnungs– oder Abschlussveranstaltung drei Minuten Zeit vor fast 7000 Zuschauern einen Tanz vorzuführen. Die Sing- und Spielschar der Böhmerwäldler tanzte den Bodenstädter Dreier. Danach bestand noch die Möglichkeit den anderen Gruppen zuzusehen und Europas Vielfalt zu bewundern. Nach der Veranstaltung wurde die Wartezeit auf den Bus zurück in die Stadt mit gemeinsamem Singen, Tanzen und Musizieren der verschiedenen Gruppen überbrückt. Ähnlich ging es später in unserer Unterkunft bis zum Morgengrauen weiter.

Freitag war der Tag der Straßenauftritte. Vormittags tanzen wir bei strahlendem Sonnenschein am Ufer des Flusses Aurajoki und nachmittags vor einem gutbesuchten Café in der Fußgängerzone. Die Pause dazwischen konnten wir mit einem spontanen Auftritt auf einer wundervollen Holzbühne überbrücken. Ein Video dieser Performance ist auf Youtube zu sehen. Von den Zuschauern wurden unsere Tänze und unsere Musikgruppe sehr gelobt. Zurück in der Unterkunft probten wir für unseren Auftritt beim Chorabend in der Turku Concert Hall. Das erst Mal seit 34 Jahren nahm die Gruppe wieder aktiv an dieser Veranstaltung teil. Es war auch ein voller Erfolg. Für alle Beteiligten war es ein tolles Gefühl ein Teil der auftretenden Vielfalt zu sein. An diesem Abend hatten wir auch die Gelegenheit bei Europeade bei Night dabei zu sein. An mehreren Stellen in der Stadt, ob in Kneipen oder auf der Straßen, sorgten verschiedene Musikgruppen für gute Stimmung. Auch als das offizielle Programm zu Ende war, zogen die Europeade- Teilnehmer in Feierlaune weiter. Wir tanzten mit Schotten, Letten und Italienern.

Selbst die Polizei konnte uns nicht davon abhalten! Später ging die Party in unserer Unterkunft mit Freunden von der Volkstanzgruppe Gemünden und den Italienern aus dem Klassenzimmer nebenan weiter. Der Samstagmorgen war zur freien Verfügung. Die einen zog es nach dem Frühstück in die Stadt, die anderen zog es nach dem Sonnenaufgang ins Bett um den freien Vormittag nach der langen Nacht zum Schlafen zu nutzen. Nachmittags fand der Umzug statt. Fast drei Stunden lang zog ein buntes Meer aus Trachtenträgern aus ganz Europa durch Turku. Bei strahlendem Sonnenschein waren auch wir tanzend und singend mit dabei. Ein Highlight jagte das andere! Abends wurde im Europeade- Village eine Choreographie für einen Weltrekordversuch einstudiert. Um 20:20 Uhr gelang es dann schließlich mit über 20000 Menschen zusammen auf verschiedenen Plätzen in der Stadt den in Finnland traditionellen Humppa zu tanzen. Anschließend fand im Europeade-Village auch der Europeade-Ball statt. Verschiedene Bands sorgten je 30 Minuten für gute Stimmung und Tanzmusik. Eine kurze Umbaupause nutzen die Jüngeren der Spielschar um die Bühne zu stürmen und den Europeade Stimmungssong, der auf unseren selbst gestalteten T-Shirts abgedruckt ist, anzustimmen. Die horrenden Bierpreise konnten unsere gute Laune nicht beeinträchtigen. Feucht-fröhlich wurde getanzt und so manche neue internationale Freundschaft geknüpft oder nur alte Europeade-Freunde wieder getroffen. Ähnlich wie am Abend zuvor wurde auch nach offiziellem Ende der Veranstaltung fröhlich weiter gefeiert.

Sonntag Morgen fand ein ökumenischer Gottesdienst im Dom von Turku statt. Dort trafen wir auch unsere Freunde der Wischauer Trachtengruppe. Nachmittags wurde bereits das Ende der Europeade eingeläutet. Im Gatorade -Center wurde die Schlussveranstaltung gefeiert. Ein besonders emotionaler Moment war, als das Stadion zu einem finnischen Walzer schunkelte und die Europeade- Fahne von den diesjährigen Gastgebern an den Bürgermeister von Viseu überreicht wurde. Anschließend trafen sich Freunde aus ganz Europa auf der Tanzfläche um ein letztes Mal gemeinsam zu tanzen, sich zu verabschieden und Fotos mit Franzosen, Letten, Esten, Italienern, Spaniern, Tschechen,… zu machen. In der Unterkunft wurden die Reste unseres mitgebrachten Alkohols verteilt. Deutsche und Italiener tanzten schwungvoll in den neuen Tag hinein. Bis uns um sechs Uhr der Bus zum Flughafen abholte.

Als die Böhmerwäldler bis auf Ingrid, Michael, Martin und Rita im Bus saßen, dauerte es nicht lang bis es sehr ruhig wurde und fast alle schliefen. Die zurückgebliebenen traten gegen Abend die Heimreise mit Wohnmobil bzw. Zug und Fähre an. Ein bisschen länger als am kleinen Flughafen von Helsinki mussten wir in München dann doch auf unser Gepäck warten. Bis auf eine in der Unterkunft liegen gelassene Hose war alles vollständig. Beim Verabschieden hatte wohl jeder ein weinendes und ein lachendes Auge. Auf der einen Seite haben wir zusammen viele unvergessliche Momente erlebt und der Abschied fiel folglich schwer. Trotzdem freute man sich auf sein eigenes Bett und seine heimatliche Dusche. Auf jeden Fall aber freuen wir uns schon auf eine vielversprechende Europeade 2018 in Viseu, Portugal!

Stefanie Januschko